Wasserschloss Kirchberg (Kupferstich von Georg Matthäus Vischer 17. Jahrhundert) - ©Gemeinde
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Die Kirche auf dem Berg gab dem Ort den Namen - ©Gemeinde
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Die Entwicklung des Ortes Kirchberg an der Pielach setzte natürlich viel früher ein, als es die vorgestellte Urkunde aussagt. Das Voralpenland war im 11. Jahrhundert eine geschlossene Waldlandschaft bis hinauf zur Waldgrenze. Ein Auwaldstreifen begleitete die Pielach, die Hänge hinauf bedeckter Mischwald und in den höheren Lagen herrschte Nadelwald vor, hauptsächlich Fichtenbestand. Auf den wenigen Lichtungen mag dort und da ein einfaches, primitives, aus Holz gebautes Bauernhaus gestanden haben.
Die Bewohner waren vollkommen auf Selbstversorgung angewiesen und allen damaligen Gefahren fast schutzlos ausgesetzt. Dieses äußerst dünn besiedelte Gebiet, das damals noch zur Steiermark gehörte und weder für das Geschlecht der Ottakare in der Steiermark noch für die benachbarten Babenberger interessant war, war eigentlich ein Niemandsland ohne feste Grenzen.
Erst allmählich drangen hauptsächlich bairische Siedler von den schon dichter besiedelten Gebieten an der Donau und aus dem Alpenvorland in das unbekannte, waldreiche, unwirtliche Pielachtal ein, wobei sie gewiss auf slawische Siedlungsreste stießen, und begannen unter unvorstellbaren Mühen in den Talniederungen und an den Hängen zu roden, kleine Höfe zu bauen und Felder anzulegen.
Die Siedler wurden von Adeligen angeführt, die ihre Grundherren waren und für ihren Schutz sorgten. Ferner zogen auch Geistliche mit ihnen, die ihre Lehrmeister in der Landwirtschaft, beim Hausbau, bei der Herstellung von Geräten u. a. waren und sie seelsorglich betreuten. So wurde im Augebiet der Pielach, von Wassergräben geschützt, ein kleines Wasserschloss angelegt.
In seiner schützenden Nähe wurde bald das eine oder andere Haus gebaut, wodurch die Kernzelle für den Ort entstand. Auf der Anhöhe über dem Tale wurde in sicherer Lage wahrscheinlich zunächst eine Holzkapelle errichtet. Im 13. Jahrhundert wurde Kirchberg aus der Pfarre Kilb herausgelöst und als eigene Pfarre errichtet. Zur selben Zeit wurde mit dem Bau der heutigen Pfarrkirche begonnen. Es liegt auf der Hand, dass dieses weithin sichtbare Gotteshaus in beherrschender Lage den Ortsnamen "Kirchberg an der Pielach" geprägt hat. Allmählich waren auch in Höhenlagen bäuerliche Anwesen entstanden. Kirchberg war ein Bauerndorf mit einem Ortskern zwischen Schloss und Kirchenberg und mit weit verstreuten Einschichthöfen. In dieser Zeit der Ortsgründung gab es im Land eine kritische Situation.
Die Babenberger waren 1246 im Mannesstamme ausgestorben, und mehrere Adelige (der Böhmenkönig Przemysl Otakar, Rudolf von Habsburg u.a.) stritten sich um das Land. Dadurch ging eine erste Blütezeit der Wirtschaft zu Ende, was die Bevölkerung in den Bergen naturgemäß weniger zu spüren bekam als die draußen im Hügelland und in den Städten.
Ein Bauernhof stellte sich damals als "geschlossene Hauswirtschaft" dar. Alles, was die meist zahlreiche bäuerliche Familie benötigte, erzeugte der Bauer selbst: Nahrung, Kleidung, Gebäude, Geräte, Werkzeug usw., wobei das Herstellungsmaterial für Bauten und Geräte hauptsächlich das reichlich vorhandene Holz war. Erst allmählich verwendete man Steine zum Bauen, und später konnte man sich auch Eisen (Nägel, Grabwerkzeug, Pflugscharen u.a.) leisten. Geschickte Bauern haben bald herausgefunden, dass ihnen diese oder jene handwerkliche Tätigkeit besonders liegt, und haben mit ihrem Können anderen gegen Entgelt (vorerst meist in Naturalien) geholfen. So mögen in Kirchberg erste Werkstätten der Handwerker entstanden sein. Sicherlich ist mancher Handwerker zugewandert, besonders Schmiede haben sich hier niedergelassen. Auch Händler besuchten mehr und mehr den Ort und boten Waren an, die es hier nicht gab wie Salz, Geschirr, Werkzeug aus Eisen, Stoffe usw. Es hat damals gewiss schon Markttage gegeben, aber erst 1608 wird Kirchberg als Marktort genannt.
Jeder Hof unterstand einem Grundherrn, dem er zu Steuern, Abgaben (Naturalien) und Diensten
(Zug- und Handrobott) verpflichtet war. Die Bauernhäuser gehörten vierzehn verschiedenen Grundherrschaften an. (H. Palt, Heimatbuch der Marktgemeinde Kirchberg an der Pielach, S. 116).
In den Händen der Grundherren lagen die Finanz- und Militärverwaltung und die Gerichtsbarkeit.
An dieser Ordnung hat sich durch Jahrhunderte bis zur Bauernbefreiung im Jahre 1848 kaum etwas geändert. Die Bevölkerung lebte in diesen Jahrhunderten selten im Überfluss. Die Mahlzeiten waren einfach, bescheiden, karg und sehr einförmig. Fleisch kam selten auf den Tisch. Die Speisen wurden hauptsächlich aus Mehl, Milch und Milchprodukten, Kraut, Rüben, Erbsen und Bohnen zubereitet.
Zucker gab es nicht, wer Süßes wollte, musste Bienen züchten. Sehr bald verstand man es, aus Obst Most zu pressen oder Schnaps zu brennen. Hungersnöte durch Missernten, hohe Kindersterblichkeit, ansteckende Krankheiten, Epidemien, Naturkatastrophen (Überschwemmungen), häufige Brände, Türken und Franzosenkriege haben die Bewohner unseres Ortes immer wieder leidvoll geprüft.
Die Hungersnöte konnten erst durch den Anbau der Kartoffel im 18. Jahrhundert gemildert werden.
Nur der Kinderreichtum in den Familien konnte die hohe Sterblichkeit ausgleichen. Nirgends sind die vielen verschollenen Bauernsöhne verzeichnet, die in fünf Jahrhunderten von den Grundherren für die kaiserlichen Armeen aufgeboten wurden, unter ungeheuren Strapazen an Feldzügen teilnehmen mussten und ihre Heimat nur selten wieder gesehen haben.
Die wenigsten Menschen konnten damals Lesen und Schreiben. Erste Bemühungen, dem abzuhelfen, gab es in der Reformationszeit, was jedoch wenig erbrachte. Erst 200 Jahre später wurden durch die Schulgesetze unter Maria Theresia und Josef II. die Grundlagen für eine bessere Schulbildung gelegt, und neben der Kirche wurde um 1750 ein neues Schulhaus gebaut.
In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts, gegen Ende der Feudalherrschaft, war Kirchberg trotz der Abgeschiedenheit und der bescheidenen Lebensqualität ein wichtiger, bedeutender Markt im Pielachtal, der für die umwälzenden Neuerungen nach 1848 gute Voraussetzungen bot.
Altes Schulhaus aus dem Jahre 1750, in dem 200 Jahre unterrichtet wurde. - ©Gemeinde
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